Am 2. Juni 2016 wurde von Schülerinnen und Schülern des Aufführungskurses Darstellendes Spiel das Stück "Nathans Kinder" von Ulrich Hub auf unsere Aulabühne gebracht. Lesen Sie hier zwei Rezensionen.
Der Aufführungskurs im Fach Darstellendes Spiel des 11. Jahrgangs brachte am Donnerstag, den 2.6.2016, in unserer Aula das Jugendtheaterstück "Nathans Kinder" von Ulrich Hub nach G. E. Lessings "Nathan der Weise" in sehr origineller Weise auf die Bühne. Pappkartons aufgetürmt als Sultanspalast, eine Dattelpalme vom Edeka-Markt, ein Sandsack als Trainingsgerät für den Bischof von Jerusalem sowie farbenfrohe Kostüme und orientalische Klänge versetzten die zahlreichen Zuschauer gekonnt in die Heilige Stadt Jerusalem des 12. Jahrhunderts. Jeweils in Doppelbesetzung und mit vielen humorvollen Szenen schafften es die ausdrucksstarken Amateurschauspieler und -schauspielerinnen dem Stück um die Ringparabel und die Frage nach dem richtigen Glauben neues Leben einzuhauchen. Eine im wahrsten Sinne des Wortes "heiße" Sache, die vom ersten bis zum letzten Wort nicht nur wegen der tropischen Temperaturen niemanden kalt lassen konnte.
Sabine Feldmann
Ein Lehrstück zum Thema Toleranz
Zur Aufführung von Ulrich Hubs „Nathans Kinder" in der Aula
Ein „Nathan" ohne Blankverse? Geht das überhaupt? Antwort auf diese Frage erhielten all die, die am 2. Juni den Weg in die Aula des Cato Bontjes van Beek-Gymnasiums gefunden hatten. Allerdings hätte man dem Grundkurs Darstellendes Spiel aus dem 11. Jahrgang und auch dem Stück eine noch größere Zuschauerzahl gewünscht, nämlich Lehrer, Schüler, Eltern beiderlei Geschlechts.
Denn das Stück „Nathans Kinder" von Ulrich Hub kam in dieser Aufführung als großes Theater daher.
Das Bühnenbild mit Palme, Gebäuden und Tor versetzte den Zuschauer sogleich in den Orient; und schon die opulenten Kostüme ließen keinen Zweifel daran, dass in diesem Kurs nicht nur Theaterspielen gelernt, sondern auch die Ausstattung des Stückes bis in liebevolle Details gründlich durchdacht und erarbeitet wurde.
Durch die doppelte Besetzung der Hauptrollen, nämlich Nathan (Süeda Caliskan, Johanna Hornemann), Recha (Sara Luehsen, Johanna Heinrichs), Kurt (Christopher Erichsen, Kevin Haynes), Sultan (Felicitas Heinken, Sabrina Detmer) sowie Bischof (Carolin Schlemminger, Jule Springer) hatten nicht nur mehr Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit mitzuspielen; vielmehr gelang es durch diesen glücklichen Griff, die ganz unterschiedlichen Seiten der einzelnen Personen herauszuarbeiten, wozu man der klugen Regie (Sabine Zabel, Hartmut Behrens) nur gratulieren kann. Überhaupt soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass auch im achten Jahr seines Pensionärdaseins Hartmut Behrens mit unermüdlichem Elan die Kursleiterin unterstützt und die Aufführung durch seine Regieeinfälle maßgeblich gefördert hat.
Der Inhalt des Stückes folgt weitgehend dem Dramatischen Gedicht „Nathan der Weise" von Gotthold Ephraim Lessing aus dem Jahre 1779. Hier präsentiert es sich in munterer, zeitgemäßer Hochsprache und zeigt, kurz gesagt, eine Art Familienzusammenführung zur Zeit des Dritten Kreuzzugs (1189 – 1192): Das Judenmädchen Recha und der christliche Tempelherr Kurt erweisen sich als Geschwister, deren Vater der Bruder des muslimischen Sultans ist. Dass die Rolle des Juden Nathan von einer Mitschülerin muslimischen Glaubens sehr einfühlsam gespielt wurde, war ein besonders liebenswerter Zug dieser Aufführung.
Mit großer Spielfreude und zugleich mit allem nötigen Ernst wurde hier das Thema „Toleranz" durchdekliniert; dabei mussten einige Personen (Recha, Kurt, Saladin) nicht einfache Lernprozesse durchmachen, um die weise Toleranz Nathans zu verstehen. Die wird nun als Höhepunkt des Dramas in Nathans berühmter Ringparabel offenbar, der alle Mitspieler, auch die verdoppelten, gebannt lauschen, während sie in einer Dunkelszene mit phosphoreszierenden Ringen eindrucksvoll pantomimisch untermalt wird.
Der Kurs hat zusammen mit seiner Kursleiterin das richtige Stück zur richtigen Zeit auf die Bühne gebracht und damit einen wertvollen Beitrag zur gegenwärtigen Diskussion über das Zusammenleben unterschiedlicher Religionen und Ethnien geleistet. Die Spekulation mag erlaubt sein, dass unter einem möglichen AfD-Kultusminister gerade dies Stück wie auch sein lessingsches Vorbild aus den Lehrplänen der Schulen verschwinden würde.
Bei Lessing wie bei Hub wird der Gedanke der Menschlichkeit zu Recht überhöht, indem am Ende die Verwandtschaft der Hauptpersonen enthüllt wird: die Zusammengehörigkeit und Gleichwertigkeit aller religiöser Individuen in der universalen Menschenfamilie.
Am Schluss der Vorstellung gab es großen Beifall und Jubel für alle Mitspieler und Beteiligten. Nach dieser großartigen Leistung, auch was Textsicherheit, Gestik, Mimik und spielerisches Ausdrucksvermögen anbelangt, war deutlich zu spüren, wie der ganze Kurs am Ende stolz und glücklich war, eine solche Gemeinschaftsleistung gestemmt zu haben.
Glückwunsch auch von meiner Seite.
Bernd Potyka